Wenn du an deinen Einsatz beim Spiel Polen gegen Dänemark zurückdenkst: Welches Wort kommt dir als erstes in den Sinn?

Menschen! Ganz viele Menschen.

Weshalb?

Das Spiel war ausverkauft und sehr viele Fans wollten mit unseren Zügen von Luzern ins Stadion fahren. Es waren zahlreiche Zusatzzüge im Einsatz, die ab Gleis 13 und 15 fuhren. Ab Gleis 14 fuhren regulär die S4 und S5. Wir liefen zwischen den Gleisen ständig hin und her und füllten alle sieben Minuten einen Zug. Da die Züge jeweils bereits einige Minuten vor der Abfahrt voll waren, lenkten wir die Fans auf das Gleis mit dem nächsten Zug.

Gab das negative Reaktionen?

Nein, weil die Fans sahen, dass die Züge voll waren und sieben Minuten später bereits der nächste Zug fuhr.  

Was war deine Aufgabe an diesem Tag?

Ich war im Bahnhof Luzern im Einsatz und sorgte dafür, dass die Leute unsere Züge auf die Allmend finden. Das Gleis 15 ist bekanntlich etwas versteckt. Die Fans in ihren Fussball-Shirts waren für mich aber gut erkennbar, was die Arbeit vereinfachte.  

Wie viel Kundenlenkung war letztlich nötig?  

Relativ viel. Wir versuchten die Fans möglich gut über die Züge zu verteilen. Das gelang uns, in dem wir die Züge von der Spitze her füllten. Die ersten Fans schickten wir also ganz nach vorne in die Züge, die letzten leiteten wir in den hintersten Wagen. 

Die Fans würden es anders machen?

Ja. Vor allem ortsunkundige Gäste wollen jeweils direkt in den Zug einsteigen, also in den ersten Wagen, den sie am Gleiskopf sehen. Denn sie sind froh, überhaupt den richtigen Zug gefunden zu haben.  

Ist dir etwas besonders in Erinnerung geblieben?

Ein Fan grüsste mich sportlich-cool und sagte: «Man sieht, dass du Freude an deinem Job hast, das finde ich grossartig!» Dazu gab es von einigen Fans ein High Five. 

Wie hast du diesen Tag insgesamt erlebt?

Angenehm. Die Leute waren sehr entspannt und fröhlich, es herrschte eine friedlich-freudige Stimmung. Wir hatten auch viele Familien auf den Zügen.  

Interessierst du dich selbst für Frauenfussball oder die WEURO?

Ich habe mir die Spiele der Schweizer Nati angeschaut und finde es schön, dass der Frauenfussball durch die EM so stark beachtet wird. Mir hat auch gefallen, wie fair die Frauen spielen.

Du bist Quereinsteigerin bei der Zentralbahn. Wie kam es dazu?  

Ich bin vom öffentlichen Verkehr sehr überzeugt, politisiere bei den Grünen und wollte stärker hinter dem stehen können, was ich beruflich mache. Eigentlich wollte ich schon lange in diese Branche wechseln, dachte aber, dass sich die Arbeitszeiten nur schlecht mit dem Familienleben vereinen lassen oder ich es ohne Auto nicht zum Frühdienst schaffe. Ich habe mich getäuscht – es geht! Beispielsweise erreiche ich den Bahnhof Luzern, wo ich meinen Dienst beginne, problemlos mit dem Velo.

Was gefällt dir besonders an deinem aktuellen Job?  

Der Kundenkontakt. Ich mag den Austausch mit Menschen und helfen zu können. Zudem ist der Job sehr abwechslungsreich. Neben der Kundenlenkung mache ich auch Frequenzerhebungen und Stichkontrollen.  

Wenn jemand mit dem Gedanken spielt, ebenfalls quer bei der Bahn einzusteigen und als Zugbegleitung oder Kundenlenkung zu arbeiten – was braucht es dafür?

Grundvoraussetzungen sind soziale Kompetenz und kommunikative Fähigkeiten. Wenn man offen auf die Gäste zugeht, freundlich bleibt und Dinge erklärt, macht man die Gäste glücklich und kann vieles abfedern. Beim Fernverkehr kommen die technischen Aspekte hinzu – aber das Wichtigste in unserem Job scheint mir dennoch: Man muss Menschen mögen.