Vorkommen der «verletzlichen» Zauneidechse

Bahnhof Giswil bis Ächerliwald: Trasseeabschnitt, der von den Zauneidechsen als Lebensraum genutzt wird.

Die Zentralbahn plant eine umfassende Fahrbahnsanierung zwischen Giswil und Kaiserstuhl. Auf einem Abschnitt von ungefähr 1.25 Kilometern, vom Bahnhof Giswil bis zum Ächerliwald, sind Vorkommen der Zauneidechse (Lacerta agilis) bekannt. Die Zauneidechse ist auf der Roten Liste als «verletzlich» eingestuft. Sie hat ihren Ausbreitungsschwerpunkt im Tiefland und ihre Bestände nehmen ab. Die Bestandsabnahmen werden mit der intensivierten Landwirtschaft in Verbindung gebracht. Die Tiere weichen in andere anthropogene Lebensräume aus, welche ihren Bedürfnissen (noch) genügen. Nicht selten werden Bahndämme und angrenzende Gleisanlagen als Habitate genutzt.

Langfristige Bewohner

Ein Lacerta agilis Weibchen sonnt sich auf dem Sockel einer Signalanlage.

Zauneidechsen zeichnen sich durch eine hohe Sesshaftigkeit aus. Ihren Lebensräumen bleiben sie jahrelang treu. Für ihre täglichen Aktivitäten benötigen sie Möglichkeiten zur Thermoregulation und somit hohe Temperaturgradienten auf kleinem Raum. Unterirdische Bauten dienen als Nachtversteck, bieten Schutz vor widrigen Witterungsbedingungen und werden als Winterquartiere genutzt. Die Habitate müssen sämtliche von den Tieren benötigten Ressourcen bieten, wenn sie langfristig bewohnt werden sollen.

Lebensraum der Zauneidechse in Giswil

Lebensraum von Lacerta agilis bei Giswil; die stützenden Trassee-Elemente (alte Bahnschwelle) bieten ein vielfältiges Mosaik unterschiedlicher Strukturen und ermöglichen die Thermoregulation.

In Giswil wird vor allem die unmittelbare Trasseeumgebung von der Zauneidechse als Habitat genutzt. Hölzerne Eisenbahnschwellen oder alte Stellriemen aus Beton, welche mit lückigem Material hinterfüllt sind und in der Regel einen extensiven Bewuchs aufweisen, bieten den Zauneidechsen ideale Lebensraumbedingungen. Diese in die Jahre gekommenen Stützelemente sollen einer neuen Konstruktion weichen, sodass der sichere Bahnverkehr auch künftig gewährleistet werden kann. Leider verlieren die Zauneidechsen damit einen Teil ihres Lebensraums. Die Zentralbahn trägt diesem Umstand Rechnung, deshalb wurden umfangreiche Reptilienschutzmassnahmen eingeleitet.

Neu konstruierte Ersatzlebensräume

Neu erstellter Ersatzlebensraum aus Holz, Steinen und Sand. Gesichert durch Ribbert-Ökogitter.

Mit dem Ziel, die Reptilien möglichst vor dem Baustart am 2. Oktober 2023 aus dem Sanierungsperimeter zu entfernen bzw. fernzuhalten, wurden im Frühjahr 2023 entlang des Trassees an elf Standorten Ersatzlebensräume geschaffen, welche dauerhaft bestehen bleiben. Diese Kleinstrukturen, ein Gemisch aus Holz, Steinen und Sand, liegen in der Nähe des Trassees, aber ausserhalb des Sanierungsperimeters. Aufgrund des abfallenden Terrains war eine Stabilisierung der neu geschaffenen Strukturen mit Ribbert-Ökogittern notwendig.

Vorübergehende und bleibende Installationen

Reptilienzäune halten die Zauneidechsen vom Sanierungsperimeter fern.

In einem nächsten Schritt wurden Reptilienzäune installiert. Mit Hilfe der Zäune werden die Eidechsen vom Sanierungsperimeter ferngehalten. Ab Frühling 2023 werden Tiere, welche sich innerhalb des Sanierungsperimeters befinden, abgefangen und in die neuen Lebensräume umgesiedelt. Hierzu wurden unter anderem weisse Vliesstücke ausgebracht, die den Eidechsen als potentielle Deckung dienen. Damit sie sich an die neuen Standorte gewöhnen können und nicht auf direktem Weg zurück in den Sanierungsperimeter wandern, sind auch die Ersatzhabitate eingezäunt und mit einem Netz gegen Prädation geschützt. Das im obigen Abschnitt beschriebene Umsiedlungsprozedere wird in mehreren Etappen durchgeführt und, falls notwendig, bis kurz vor Baustart aufrechterhalten.

Der Abschluss der Umsiedelung

Ein Lacerta agilis Männchen unterhalb Äschi.

Sollten während den Sanierungsarbeiten im Herbst 2023 überwinternde Tiere festgestellt werden, wird man diese an einen sicheren Überwinterungsort bringen.

Damit die Zauneidechsen das sanierte Trassee in Giswil erneut besiedeln können, werden nach Abschluss der Bauarbeiten sämtliche Reptilienzäune entfernt. Zudem werden nachträglich Kleinstrukturen direkt am Trassee erstellt, welche das Lebensraumangebot zusätzlich ergänzen. Mit den umfangreichen Reptilienschutzmassnahmen ermöglicht die Zentralbahn den Zauneidechsen am Trassee in Giswil das weitere Fortbestehen.